Zum Inhalt Zum Menü
Premierminister Barzani hält Weihnachtsansprache vor geflohenen Christen in Kurdistan

Premierminister Barzani hält Weihnachtsansprache vor geflohenen Christen in Kurdistan

Am Weihnachtsabend sprach der Premierminister der Region Kurdistan, Nechirvan Barzani, im Ainkawa Bezirk Erbils vor einem großen Publikum, von welchem die Mehrheit von den Repressionen der Terrororganisation Islamischer Staat geflohen ist und Schutz in der Region Kurdistan gefunden hat.

Folgend die Niederschrift der Rede

Verehrte Gäste,

guten Abend,

heute am Geburtstag Jesu Christi versammeln sich in vielen Teilen der Welt tausende und abertausende von Familien und Hausgemeinschaften. Menschen sprechen Weihnachtsgrüße aus, tauschen Weihnachtsgeschenke aus, beten für Frieden und Sicherheit für einander, für ihre Gemeinschaft und die Menschheit. Sie beten für das bevorstehende neue Jahr, damit ihre Träume und Wünsche wahr werden, und sie beten um ihren Freunden und Nachbarn zu helfen, welche nicht in der Lage sein mögen, die Leben zu leben, welche sie sich wünschen.

Wir haben die gleichen Träume, Hoffnungen und Gebete. Dies ist die Kultur der friedlichen Koexistenz welche wir in Kurdistan leben, zwischen all unseren Menschen ungeachtet Religion, Sekte, Ethnizität oder Sprache.
Der Traum aller Menschen in unserem Land ist es, gemeinsam in Friede und Zufriedenheit zu leben. Was Kurdistan von anderen Orten in der Region unterscheidet, ist unsere Toleranz für alle Religionen und Ethnizitäten. Dies sind unsere Kultur und unser Wille.

Manchmal höre ich, dies sei der Wille Gottes, welcher für alle die in Kurdistan leben gleichermaßen gilt. Unterschiede zu akzeptieren, einander zu akzeptieren und die gegenseitigen Rechte zu verteidigen sind die Basis, welche nötig ist damit wir alle ein besseres Leben führen können, was vor allem in schwierigen Zeiten besonders wichtig ist.

Die Region Kurdistan ist ein Musterbeispiel für friedliche Koexistenz, welche jenen Unschuldigen Schutz bietet, die von den Angriffen der IS geflohen sind. Die Sicherheit jeder vertriebenen Person ist eine Verantwortung, welche uns allen zuteilwird, als Regierung, als Nicht-Regierungsorganisationen, als Zivilgesellschaft, als politische Partei, ebenso wie jeder Einzelperson in all unseren Städten und Dörfern.

Dieses Jahr haben wir mit unseren eigenen Augen gesehen, wie alle Menschen die in Kurdistan leben gemeinsam unseren Christen und Jesiden geholfen haben. Jeder teilte sowohl Sympathien als auch Empathie mit ihnen. Jene die konnten, halfen denen in Not so gut es ging. Manche öffneten ihr Zuhause um vertriebene Familien willkommen zu heißen.

Verehrte Freunde,

Christen sind ein fundamentaler, essentieller Teil Kurdistan-Iraks. Wir werden ihnen weiterhin helfen und uns um ihre Bedürfnisse sorgen.

Im Verlauf der vergangenen Tage, nach sorgfältiger Organisation und Planung, haben wir miterlebt, wie unsere mutigen Peshmerga die IS erfolgreich angegriffen haben und das Shingal Gebirge sowie zahlreiche Dörfer und Städte in der Gegend befreien konnten. In den vergangenen Wochen wurden außerdem viele christliche Städte und Dörfer durch die Peshmerga befreit.

Nach den tragischen Ereignissen in diesem Sommer, als Christen und Jesiden den barbarischen Angriffen der IS ausgesetzt waren, sind sie nun glücklich zu sehen, dass ihre Gebiete befreit werden. Dies ist der Beweis für die Stärke, die Fähigkeit und die Entschlossenheit der Regierung und der Menschen in Kurdistan. Dies bestätigt das Versprechen der friedlichen Koexistenz in Kurdistan.

Alle Religionen basieren auf Frieden, Kooperation, Koexistenz und Akzeptanz für einander. Es ist zutiefst zu bedauern, dass nach den Attacken der IS und der Vertreibung so viele verschiedener religiöser Gruppen aus ihren Dörfern und Ländern Mistrauen herrscht und dass der Geist der friedlichen Koexistenz gelitten hat. Dies ist ein natürliches Ergebnis der Aktionen und Attacken der Terroristen, welche gegen Menschlichkeit und Koexistenz kämpfen und deren Verbrechen keinen menschlichen Prinzipien folgen, ebenso wenig wie religiösen oder nicht-religiösen Überzeugungen.

Als Ergebnis der terroristischen Verbrechen haben wir gehört, dass es ein starkes Verlangen gäbe, das Land zu verlassen. Wir verstehen diese Gefühle. Wir verstehen diese Gefühle der Hoffnungslosigkeit. Gleichzeitig vergessen wir jedoch auch nicht die 1980er Jahre, als eine Tragödie ähnlichen Ausmaßes viele Kurden bei den Baath Angriffen im Namen der Anfal Verse des Koran heimgesucht hat. Aber wir haben das Land nicht verlassen.

In diesen schwierigen Zeiten kamen wenige zur Rettung der Menschen in Kurdistan. Wenn wir alle ins Ausland geflüchtet wären, hätten wir unser Land verloren. Wir wären nicht in der Lage gewesen unser Land wiederaufzubauen und wir wären jetzt nicht in der Lage irgendjemanden zu retten.

Trotz dieser Schwierigkeiten begannen Menschen aller religiösen und ethnischen Gemeinschaften ihre Leben, ihr Zuhause, ihre Dörfer, inklusive der Räumung von Landminen, wiederaufzubauen. Handel wurde fortgeführt. Unsere natürlichen Quellen begannen wieder zu fließen. Hoffnung lebte wieder auf und die Vögel kehrten zu ihren Nestern zurück.

In dieser historischen Zeit bitte ich unsere geliebten Christen, Jesiden, Schabaken, Turkmenen und all unsere Gemeinschaften standhaft zu bleiben. Das Leben des Feindes ist kurz. Sie wollen uns aufteilen, indem sie unsere ethno-religiösen Minderheiten in Kurdistan und Irak bedrohen und zwingen, ihre Heimat zu verlassen.

Unser Wille, unser Land, unsere Menschen und unsere Heimat zu verteidigen, ist nichtsdestotrotz stärker als die Drohungen der Feinde. Wir sollten unser Land nicht dem Feind überlassen. Unser Traum, zu unseren Gebieten und unserem Zuhause in der Zukunft zurückzukehren, muss immer stärker sein, als unsere heutige Furcht, Bedrohungen, Hunger und Armut.

Die Wurzeln der Christen in unserem Land sind tief und reichen tausende von Jahren zurück. Sie lebten friedlich neben anderen Gemeinschaften und sie haben unser Land vereinigt. Dies hat nichts mit Zahlen, Statistiken oder ihrem Anteil am Bevölkerungsverhältnis zu tun. Es geht vielmehr um ihren Ursprung und die Beiträge, welche sie über Jahrhunderte in dieser Region geleistet haben, ihre Partizipation im Aufbau, die friedliche Koexistenz mit allen Anderen und die Verwaltung unseres Landes.

Sie gehören zu den ältesten indigenen Gemeinschaften, ebenso wie zu den Eigentümern dieses Landes. Sie sind hier und sie können ihre gegenwärtige und frühere Geschichte verteidigen. Sie sind hier in den Gebieten ihrer Vorfahren, wo sie ihre Bräuche und Traditionen besser verteidigen können, als in irgendeinem anderen Land.

Glücklicherweise sind die Menschen in Kurdistan dieses Mal nicht alleine. Wie ihr wisst, sind viele Länder Kurdistan zur Hilfe gekommen. Sie teilen unseren Widerstand gegen Terrorismus und stellen sich entschieden gegen IS.

Früher, im vergangenen Sommer, mögen wir uns vielleicht alleine gefühlt haben im Angesicht terroristischer Bedrohungen und IS. Aber nun unterstützen uns unsere Verbündeten der internationalen Koalition mit Luftschlägen, welche unseren Peshmerga dazu verholfen haben Gebiete zu befreien, welche von diesen menschlichkeitsverachtenden Kräften besetzt wurden.

Lasst uns daher von diesem heutigen Tag gebrauch machen, um unsere Hoffnungen zu erneuern, dass alle Binnenvertriebenen in ihr Zuhause zurückkehren können. Lasst uns eine Kerze anzünden für die Wiedergeburt unserer Hoffnungen, für eine strahlende Zukunft und die Rückkehr der friedlichen Koexistenz aller Religionen und ethnischen Gemeinschaften in Kurdistan und Irak. Lasst uns diesen Tag nutzen, um den Opfern zu gedenken, ebenso wie der Unnachgiebigkeit unseres Widerstands, unserer Freiheit und für den Frieden des gesamten Kurdistans und seiner verschiedenen Gemeinschaften.

Zuletzt möchte ich den Geburtstag Jesu Christi mit den Patriarchen und Klerikern aller christlichen Gemeinschaften in Kurdistan und Irak feiern. Und mit ihnen wünsche ich mir diesen Tag des Friedens mit allen Menschen und Gläubigen sowie mit allen Christen in Kurdistan, Irak und der Welt zu feiern.

Frohe Weihnachten.

Folgend ein Videoausschnitt der Rede von Rudaw News